Kampf: Kopftreffer bei MMA sind häufig (Foto: MartialArtsNomad.com, flickr.com)
Toronto (pte/03.01.2018/06:00) Aufgrund unzureichender Regulierung
und Pläne zum Umgang mit Kopfverletzungen bleibt das Risiko von
Schädel-Hirn-Taumata im Mixed Martial Arts (MMA) bislang unklar, sagen
Forscher des St. Michael's Hospital
http://stmichaelshospital.com
. Dabei scheinen schwere Kopftreffer und daraus resultierende KOs gang
und gäbe. Doch bestehende Regelungen, beispielsweise für das Vorgehen
bei Verdacht auf Gehirnerschütterungen, sind nicht einheitlich und teils
eher fahrlässig.
Mainstream ohne Klarheit
Seit den 1990er-Jahren, in denen MMA teils als "menschlicher
Hahnenkampf" gesehen wurde, ist diese Form des Kampfsports weit
gekommen. "In den vergangenen 25 Jahren wurde MMA zum Mainstream-Sport
und zur Multi-Milliarden-Dollar-Industrie. Doch trotz dieser Popularität
mangelt es nach wie vor am Verständnis, wie oft es zu Kopfverletzungen
kommt, wie schwer diese sind, und was das langfristig für die Gesundheit
der Athleten bedeutet", sagt Joel Lockwood, Notfallmediziner am St.
Michael's Hospital. Denn bislang gibt es offenbar keine klare Linie, was
überhaupt als Kopfverletzung oder Gehirnerschütterung zu werten ist und
wie damit umzugehen ist.
Das hat eine Analyse von 18 Studien mit 7.587 Patienten ergeben, die
Kopfverletzungen im MMA von 1990 bis 2016 erfassen. So gab es keine
eindeutige, medizinisch akzeptierte Definition einer Kopfverletzung quer
über diese Studien. Allerdings deuten die Studien darauf hin, dass 28,3
bis 46,2 Prozent aller Kämpfe mit technischem oder klassischem KO
enden. Gerade letzteres scheint häufig daran zu liegen, dass Kämpfer
nach Kopftreffern absolut nicht mehr reagieren. Eine Quelle gibt an,
dass Athleten in so einem Fall im Schnitt 18,5 Kopftreffer in den
letzten Sekunden vor der völligen Unansprechbarkeit einstecken.
Strengere Regeln nötig
"Es gibt viele Berichte über die langfristigen Auswirkungen von
Gehirnerschütterungen in Kontaktsportarten wie Hockey und Football",
betont Lockwood. Aufgrund der hohen langfristigen Gesundheitsrisiken hat
daher beispielsweise die NFL in den vergangenen Jahren immer strengere
Regeln zum Schutz der Athleten bei Verdacht auf Gehirnerschütterung
umgesetzt. Doch obwohl auch MMA in diesem Bereich hohe Risiken mit sich
bringen dürfte, hapert es hier oft an ausreichend strengen Regeln.
In der kanadischen Provinz Ontario etwa muss es bei MMA-Kämpfen zwar
einen Ringarzt geben, der allerdings keine speziellen Kenntnisse im
Bereich Hirntraumata benötigt. Und Schutzsperren nach Kopfverletzungen
sind zwar vorgesehen, aber einfach auf 60 Tage anberaumt - unabhängig
von den tatsächlichen Symptomen. Eben solche Missstände tragen den
Forschern zufolge dazu bei, dass Häufigkeit und Risiken von
Kopfverletzungen im MMA bislang weitgehend unklar bleiben. "Ohne
stärkere medizinische Überwachung und Regulierung mit genauer und
einheitlicher Bewertung von Kopfverletzungen durch qualifizierte
Mediziner wird sich daran nichts ändern", warnt Lockwood.